Abenteuerliche Anfahrt
Es sind nur 60km von Puerto Escondido und keine Berge dazwischen. Was soll schon abenteuerlich sein?
Nun ja, es gibt keine reguläre Busverbindung nach Mazunte, jedenfalls keine "normale". Wir fahren mit dem Minibus bis nach San Antonio, wo die Kreuzung nach Mazunte ist. Von dort sollen wir dann den Colectivo nehmen. Habt ihr schon mal von Chicken-bus gehört? Ich ja, aber das waren in meiner Vorstellung einfach kleine, klapprige Minibusse. Bei dem Fahreug, das uns abholt, handelt es sich allerdings um einen Pickup, der eine abgedeckte Ladefläche, zwei Holzbänke, Querstreben zum Festhalten und eine Klingel (bei Ausstiegswunsch) hat. Der Fahrer scheint sich nicht bewusst zu sein, dass einige da drin stehen, einer draußen auf der Stufe und ein Kleinkind und unser Baby mitfahren. Ein Hünerstall bewegt sich glaub ich nicht einmal bei einem Erdbeben so sehr wie wir hier durchgerüttelt und durcheinandergeworfen werden. Wir müssen unsere ganze Kraft aufwenden um nicht über andere Leute oder raus geschleudert zu werden. Die Dinger sollten Waschmaschinen heißen! Aber die Menschen dort verschwenden keine Gedanken daran, für sie ist das Alltag. Touristen nutzen die, weil es keine Alternative gibt (und es schon ganz lustig ist).
Nach der aufregenden Fahrt laufen wir zum Hotel und dort die nächste Überraschung:
Der Rezeptionist kann meine Buchung nicht finden. Ich habe tatsächlich falsch gebucht - erst ab morgen. Ohje.
Glücklicherweise hat er ein anderes freies Zimmer für diese Nacht und wir müssen nicht spontan ein anderes Hotel suchen. Es war ein sehr schöner Ort, auf einem Erdweg den Hügel hoch, schön viel Tageslicht und sogar einen Balkon hatten wir. Nur keine Klimaanlage, was der Deckenventilator und die geöffneten Fenster mit der leichten Meeresbrise aber ganz gut ausgeglichen haben.
Cosmische Energie
Überall hängt Werbung für "extatic dance", besondere Massagen, Yoga, Heilung und Zeremonien. Die Leute, die nicht Mexikaner sind und hier wohnen, sind oft esoterisch. Man könnte die typische Erscheinung so beschreiben: Rastas, Tatoos, Piercings, Top, Schlabberhose (oder nur Tücher) und eingehüllt in einer dicken Joint-Wolke. Am Strand spazieren ist oben ohne normal - außer für die Mexikanierinnen, die auch hier oft mit ihrer ganz normalen Kleidung oder Badeanzügen baden gehen. Der Geruch von Gras (und ich meine nicht den, der sich nach dem Mähen ausbreitet) ist sehr präsent. Die Leute hier sind echt entspannt, manchmal etwas schräg. Es gibt hier im Gegensatz zu den anderen mexikanischen Städten, in denen wir waren, kein einziges Restaurant ohne vegetarische und vegane Gerichte und Yoga wird an allen Ecken angeboten. Wir haben jedenfalls unsere cosmische Erleuchtung noch nicht entdeckt. Vielleicht liegt es daran, dass wir bei keiner cosmischen Zeremonie beigewohnt haben, aber wir haben "unseren cosmischen Ursprung' weder gesucht, noch gefunden.
Mir scheint fast, dass der Großteil der in Mazunte lebenden Menschen Ausländer sind. Viele haben ihre eigenen Läden eröffnet, andere machen Straßenmusik und wieder andere versuchen ihr Glück genauso wie die Mexikaner, als Straßenverkäufer.
Mazunte
Mazunte ist aber natürlich auch für andere Dinge als spirituelle oder extatische Zeremonien und Joints bekannt: Es ist das Schildkrötenzentrum in Mexiko. Auch wir konnten manchmal beobachten, wie Touristen abends Schildkröten freilassen durften. Ob das noch Naturschutz oder schon eine Touristenattraktion ist, kann ich nicht bewerten.
Jedenfalls ist es der Ort in Mexiko, wo am meisten Wert auf Umweltschutz gelegt wird. Es lag kein Müll herum, man musste für Verpackung bei Essen oder Getränken mehr bezahlen und selbst bei den Kokosnüssen gab es oft keinen Strohalm dazu.
Die Strände und die Natur in Mazunte sind auch sehr schön und ursprünglich. Der Hauptstrand ist allerdings ziemlich klein und schmal, wir verbrachten mehr Zeit am Augustinillo-Strand, wo man ausgedehnte Spaziergänge genießen und manchmal sogar baden kann. Als wir da waren gabs fast immer große Wellen und nur wenige haben sich ins Wasser getraut. Ein weiterer Strand (Mermejita - wir nennen ihn Gaukler-Strand) ist im Westen des Ortes. Der ist richtig schön wild. Keine Terassen, keine Cafés, keine Verkäufer, nur ganz viel Treibholz. Abends ist es hier voll von alternativen Leuten, die in Gruppen zusammen Musik oder Gymnastik oder andere Shows machen. Es ist sehr interessant sie zu beobachten und vielleicht merke ich hier doch etwas von dieser "kosmischen Energie", die in diesem Ort zu verweilen scheint. Oder habe ich zu viel vom Gras-Rauch abbekommen :))?
Außerdem gibt es einen Aussichtspunkt (Punta Cometa), zu dem man hochwandern und den Sonnenuntergang beobachten kann. Der Wurde uns von mehreren Freunden empfohlen, die schon dort waren - allerdings vor einigen Jahren. Inzwischen steht am Eingang zum Wanderpfad eine Box, die zu spenden aufruft (für was auch immer!?) und man trottet wie die Entchen hintereinander her. Es ist wirklich ein sehr schöner Aussichtspunkt aber hat wenig mit romantischen Sonnenuntergängen, wie in Puerto Escondido zu tun. Man fühlt sich mehr wie im Kino. Das ganze Publikum schaut in die gleiche Richtung, alle holen sich das gleiche Foto aufs Handy, alle versuchen die Energie zu spüren oder sie aufzunehmen. Wenn man spät dran ist dann sind alle Plätze auf den Klippen mit der besten Sicht besetzt und man muss über viele Schultern gucken. Dann doch lieber Abendspaziergänge am Strand.
Ausflug Zipolite
Mit dem Chickenbus sind es nur etwa fünf Minuten nach Zipolite, einem weiteren oft empfohlenen Urlaubsort. Den Strand empfinde ich genauso schön, wie in Mazunte. Ich mach's kurz: Der einzige Unterschied war, dass die Touristen hier ganz nackt rumlaufen und im Durchschnitt deutlich älter sind. Also nicht nur nackt baden oder sich bräunen - sondern spazieren, joggen, sich massieren lassen oder in den Strandbars essen und trinken. Ein großer Anteil der Urlauber sind Rentner. Ich persönlich finde das, wenn man bedenkt dass Mexikaner oft in der gesamten Alltagskleidung baden gehen, fast respektlos, aber jedem das seine. Uns sind dann die Spirituellen drüben in Mazunte doch lieber.
Wir sind am Strand entlang spaziert, haben eine leckere Pizza gegessen und haben eine leckere Kokosnuss genossen. Für uns hat der Tagesausflug nach Zipolite gereicht.
Adrians erste Freundin
Es gibt relativ viele Familien mit Baby in Mazunte, aber nach dem "wie alt?" und "wie heißt er oder sie?" trennen sich die Wege meist. Ganz anders war es, als ich für mittags eine Torta (eine Art Riesensandwich) bestellte: Es lädt uns der Ladenbesitzer ins Wohnzimmer (das Zimmer direkt am Lokal) und dort heißen uns Ayra und ihre Mutter willkommen. Sie ist schon acht Monate alt und die beiden können kaum die Finger voneinander lassen und lachen sich an. Beim zweiten Besuch spielen die beiden auf der Spieldecke und ich unterhalte mich mit der Mutter auf Spanisch. Sie will uns sogar ein Spielzeug schenken, das Adrian sehr gefällt.
Wir nehmen uns fest vor, Ayra wieder zu besuchen, wenn Adrian größer ist - spätestens in 18 Jahren.
Geburtstage
Zum Glück dauert es noch, bis Adrian 18 sein wird, aber hier feiern wir am 21.02 seinen sechsmonatigen Geburtstag. Sein Papa hatte zehn Tage vorher auch Geburtstag und beide werden mit leckerem Essen gefeiert. Da wir weder Kühlschrank, noch Küche oder große Supermärkte haben, essen wir relativ oft in Restaurants in Mazunte. Ich am liebsten Pizza, Samu gern Burger und eben manchmal die günstigen Torta-Angebote, wo wir Ayra kennengelernt haben.
Nächste Woche geht es weiter östlich nach Huatulco.
Was wir diese Woche gelernt haben
Touristenorte in Mexiko sind sehr verschieden, auf verschiedene Touristen ausgelegt
Gringos übernehmen manchmal mexikanische Lebensart
Touristen verändern manchmal die Dorfkultur, indem sie bestimmte Hobbys (z.B. Yoga) oder Ernährungsweisen mitbringen. Auch die Ressourcenschonende Haltung mit Plastikvermeidung und regelmäßige Treffen um den Strand zu säubern kommt von ihnen
Der Ort wird per LKW mit Trinkwasser versorgt
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